Sonntag, 16. Juni 2013

Same same but different

Es folgt Gezeter:

Manchmal muss man sich schon ein bisschen wundern über die Welt. Wie von selbst scheint sie immer in zwei Hälften zu zerfallen: wir und die anderen.

Warum ich das schreibe?

Erst kürzlich hat Tina aus Hamburg gepostet, dass sie sich bei einer Diskussion auf Ravelry "einen ganzen Sack voll disagrees" eingefangen habe durch ihre Bemerkung, dass sie mit Strickschriften einfach besser zurecht kommt als mit einer fein säuberlich ausgeschriebenen Anleitung.

Kontinentale vs. englische Stricker - Grabenkämpfe! (und dabei rede ich noch gar nicht von der Fadenhaltung)

Dann gab es fast Stress in den Kommentaren beim Wollschaf, als Kerstin vorgeschlagen hat, man könne einzelne Wollknäuel statt in einer verschließbaren Plastiktüte auch offen und sogar mit Rocailles besprenkelt aufbewahren.

Dekoliebhaber vs. Staubsaugerfreunde - unversöhnlich!

Wat'n da los?

Das möchte ich doch gerne mal wissen.

Es ist doch normal, wenn ich beim Lesen eines Beitrags auch einmal etwas ablehne, was dort bevorzugt wird. Schließlich hat die ganze Welt Zugang zum www und irgendwo gibt es sicherlich auch Leute, die trotz des identischen Hobbys nicht so ganz auf meiner Wellenlänge schwimmen.

Aber muss ich das gleich so deutlich hinschreiben?

Ich rede hier ja nicht von politischen oder anderen Verhältnissen, die ich ablehnen oder sogar (mit zivilen Mitteln) bekämpfen muss - nein, ich rede einfach davon, dass jemand anderem etwas gefällt, was mir eben nicht gefällt.

Also, ich versteh's nicht.

Dabei kann ich versichern, dass es massenhaft Dinge gibt, die ich im Leben nicht stricken würde. Entweder, weil ich den Sinn darin nicht sehe, oder weil sie mir nicht gefallen oder vielleicht auch, weil ich sie (noch) nicht stricken kann.

1. Ich sage nur Noppen - grauenhafte Dinger!
2. Riesige, dreieckige Lace-Schals - wer braucht sie und wofür?
3. Kleine Häkel- und Strickfiguren - noch mehr Dinge, die einfach rumstehen? Nein danke.

Aber: ich kann mich sehr wohl in diejenigen Stricker hineinfühlen, denen das gefällt. Die so etwas gerne und mit aller Liebe stricken. Die Arbeit, den Einsatz, die Liebe zu etwas muss ich doch anerkennen können ohne gleich missionieren zu wollen.

Es ist ja nicht so, als sei ich die maßgebliche Strickkoryphäe der Welt. An meinen Ergebnissen und Projekten gibt es nun wirklich genug auszusetzen.

Nur weil ich so gerne Socken stricke und ständig neue Sockenideen im Kopf habe, sodass ich zu gar nichts anderem mehr komme, müssen noch lange nicht alle anderen auch Socken stricken.

Obwohl es dafür natürlich eine Menge Argumente geben würde:

Passgenauigkeit.
Wohltat für die Füße.
Spaß.

Aber: ich kann und darf doch niemanden bevormunden und dessen Bemühungen negativ kommentieren.

Wie bei so vielem, habe ich überdies das Gefühl, dass hier der Ton die Musik macht. Es gibt einfach Vokabeln, die schriftlich schon sehr krass daherkommen, und wenn man sich nicht 100% sicher ist, dass die eigene Anmerkung wirklich und wahrhaftig nur ironisch aufgefasst werden kann, dann ist große Vorsicht geboten, finde ich.

Denn: emoticons können nicht alles retten und können auch nicht alles wiedergutmachen. Das ist ein bisschen so, als ob man sein Mundwerk ein bisschen davonlaufen ließe, um dann gleich hinterherzuschieben: "Ich hab's nicht so gemeint. Hab dich mal nicht so." So ein verbales Pflaster kann aber nicht alles retten.

Dafür gleich ein Beispiel aus dem wirklichen Leben. Als ich mit meinen Zwillingen schwanger war, hab ich erst gemerkt, wie wenig Leute sich diesbezüglich unter Kontrolle haben und wie viele es gibt, die einfach mal schnell ihre Meinung loswerden müssen, ohne vorher zu überlegen, was sie damit anrichten.

Wie nämlich war die Reaktion auf meine Schwangerschaft?
So:
"Oh Gott, wie grauenhaft. Das stelle ich mir ganz schrecklich vor."

Na, ich kann nur sagen: das ist nicht ganz die Reaktion, die jemand brauchen kann, der auf Grund der Hormonsause in einer Schwangerschaft eh schon emotional ein wenig instabil ist. Zumal wenn man zum ersten Mal schwanger ist.

Da finde ich es eigentlich schon wieder lustig, dass das genau die Leute waren, die sonst bei Angeboten der Marke Buy one, get one for free vorne mit dabei sind...

Wichtiger scheint mir zu sein, dass man beim Lesen diverser Blogs merkt, dass die Leute auch über sich selbst lachen können. Dass sie ohne Schwierigkeiten von großen Unglücken berichten können, von schlecht sitzenden Pullis, von katastrophalen Pill-Projekten oder vom Scheitern an einer Anleitung. Wenn das witzig daher kommt, davon kann ich gar nicht genug lesen.

Das hat nichts mit Schadenfreude zu tun, sondern vielmehr mit einer Verbundenheit, die ich dann fühlen kann. Zum Glück gibt es nicht nur supertolle Perfekt-Stricker da draußen!

Und gegen Hinweise auf etwas Seltsames, bei dem sich jeder seine eigene Meinung bilden kann, habe ich gar nichts. Aber Letzteres ist eben der Punkt: eigene Meinung bilden und nicht gebildet werden.

Einzige Ausnahme für mich: die Rezensionen. Wenn von neuen Strickzeitschriften und -büchern gesprochen wird, dann dürfen sich die Leute so lustig machen, wie sie wollen. Aber Projekte von Einzelkämpfern? Da genügt doch ein: 'Es ist nicht mein Ding, aber ich sehe, was hier versucht worden ist.'

Perfektes Beispiel: der gestrickte Adventskranz. Wer denkt sich denn sowas aus? Aber wer es stricken will, warum denn nicht? Da kann man sich denken(!), was man will, aber er nadelt nicht.

Gezeter zu Ende.

Jetzt ist es an der Zeit für den wichtigsten Punkt: Was habe ich gesagt, was ich nicht stricke?

1. Noppen? Stimmt nicht. Brauche ich dringend für mein neues Projekt, also hab ich sie stricken müssen. Nach unzähligen Versuchen bin ich bei Häkelnoppen gelandet:



Das sind Thorin armour socks und sie sollen die Rüstung von Thorin Eichenschild nachbilden. Hobbit, mal wieder ;-)

2. Lace-Schals? Stimmt auch nicht. Nachdem ich in einem Woll-Laden so hübsche Zickzack-Schals gesehen hatte, wollte ich selbst auch einen haben:



Es ist noch ein weiter Weg, aber ich hab angefangen.

3. Kleine Häkel- und Strickfiguren? Stimmt auch nicht. In einem Anfall von Wahnsinn hab ich für meine Damen zwei Jule-Puppen (mit anderem Outfit) gestrickt. Tausend einzelne Teile, Matratzenstich, ausstopfen - das ganze Programm. Leider sind beide gerade im Spiel verschollen, lediglich das Kleid mit Häkelblume hab ich gefunden. Es wird gerade lieber für das Lieblingskuscheltier verwendet:




Und die Moral? Sag niemals nie, eh klar.






















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